Worum geht es bei #einfachwissenschaftlich26b426 ?
Mit welchem Gefühl willst Du bezogen auf das wissenschaftliche Arbeiten ins neue Jahr starten?
Bei der „26 b4 26“-Challenge geht es darum, dass Du Dir kleine Aufgaben gibst, die Du noch vor dem Jahreswechsel erledigst. Das können Dinge sein, die eh schon länger tun wolltest, oder aber Dinge, mit denen Du ein bisschen vorarbeitest.
Das bringt Dich voran und gibt Dir ein gutes Gefühl.
Lass Dich von meinen Vorschlägen für 26 Vorsätze inspirieren. Sie dauern jeweils zwischen 30 Sekunden und 30 Minuten, Du bekommst sie also gut unter.
Erstelle Dir Deine eigene Liste mit Deinen Favoriten aus meiner Liste und Deinen eigenen Ideen.
Hier kommt meine 24b426-Liste für das wissenschaftliche Arbeiten:
Grundlagen schaffen
den eigenen Schreibprozess einen Tag lang beobachten
Lesen sollten die Studierenden ja eigentlich können, wenn sie ihr Studium aufnehmen. Sie können es ja auch. Eigentlich.
Wenn ich in der Vorlesung ankündige, dass wir uns anderthalb Stunden, wenn nicht sogar noch mehr, mit Lesetechniken beschäftigen werden, ernte ich oft etwas Verwunderung. Aber hinterher sind die Studierenden recht dankbar, dass wir das Thema aufgegriffen haben. Denn sie können eben nur „eigentlich“ lesen. Mit ein bisschen Kratzen an der Oberfläche finde ich meist heraus, dass beim überwiegenden Teil große Unzufriedenheit herrscht: zum einen mit der eigenen Lesegeschwindigkeit (viel zu langsam) und zu anderen mit der inhaltlichen „Ausbeute“ der Lektüre (viel zu gering angesichts der aufgewandten Zeit).
Die Studierenden haben also das Gefühl, zu viel Zeit für zu wenig Ertrag zu investieren. Das Lesen empfinden sie in den wenigsten Fällen als genussvoll, sondern eher als belastend und als ein Übel, das man in Kauf nehmen muss.
Lesequal?
Warum empfinden viele Studierenden das Lesen als Qual? Vermutlich, weil sie nicht wissen, dass es verschiedene Lesesituationen gibt, die verschiedene Techniken erfordern. Zwar lesen sie die wissenschaftlichen Texte nicht so, wie sie einen Roman lesen würden. Aber sie nutzen oft immer noch Ansätze und Techniken, die sie aus der Schulzeit kennen. Die Anforderungen an die Lektüre sind an der Hochschule jedoch andere.
Die Texte im Studium sind anspruchsvoller als die in der Schule und nicht mehr nur lehrbuchartig, sondern eben, ja, wissenschaftlich. Die Inhalte der Texte sollen nicht mehr nur aufgenommen und möglichst korrekt wiedergegeben werden, sondern auch kritisiert und weiterentwickelt. Nur leider lesen viele Studierende weiterhin mit ihren alten, scheinbar bewährten Techniken. Sie haben es versäumt, diese an die veränderten Anforderungen anzupassen. Daher ist es gut und nötig, in einen Dialog über dieses Thema einzutreten.
Aspekte des wissenschaftlichen Lesens
Durch die Lehrveranstaltung sollten den Studierenden verschiedene Aspekte näher gebracht werden:
Die ideale Leseumgebung (zur Förderung der Konzentration)
Verschiedene Lesearten (wie z.B. überfliegendes und verstehendes Lesen)
Phasen beim Lesen
Verschiedene Lesemethoden (wie SQ3R und PQ4R)
Elbows „Believing game und Doubting Game“
Markierungen und Randnotizen
Exzerpieren
Nützliche Software wie Notiz-Tools und Literaturverwaltungssoftware
Summa summarum also: Aktives Lesen!
Weiterhin erwähnenswert könnten Themen wie das Führen eines Lesejournals und außerdem Lesen in Gruppen sein, wenn es in den jeweiligen Kontext der Lehrveranstaltung passt.
Wie aber können Sie bei der Vermittlung dieser Inhalte vorgehen?
1) Sackgassen
Lange habe ich nur über all diese Themen rund um das Lesen nur gesprochen. Denn ich hatte schlicht und ergreifend keine gute Idee, wie ich das Thema anders als in einem Lehrvortrag vermitteln könnte. (Und nebenbei bemerkt: Noch viel länger habe ich das Thema Lesen sogar weitgehend ausgespart, weil mir das Problem gar nicht bewusst war).
Einmal hatte ich eine Idee. Sie hat sich leider nicht als gute Idee erwiesen. Damals wollte ich einen Text in der Lehrveranstaltung gemeinsam (oder besser gesagt parallel) exzerpieren lassen. Das war nicht nur ziemlich zäh, nein, das hat auch wirklich niemandem etwas gebracht. Vielmehr wirkte es wohl sogar abschreckend auf die Studierenden.
2) Volle Fahrt voraus!
Wie geht es also besser? Durch einen Beitrag in der XING-Gruppe „Leichter, schneller, besser! Wissenschaft(lich) schreiben“ bin ich auf eine tolle Idee aufmerksam geworden.
Dr. Christian Wymann, Autor des Buches „Der Schreibzeitplan: Zeitmanagement für Studierende“ hat eine Diskussion über das Thema „Lesetechniken vermitteln“ angestoßen und eine seiner Methoden vorgestellt. Diese habe ich mittlerweile selbst mit Erfolg getestet und werde auf jeden Fall in Zukunft weiter damit arbeiten.
Einstieg:
Ergänzend zur Methode von Christian Wymann habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, zu Beginn dieser Vorlesung die Problempunkte beim Lesen anzusprechen. Gemeinsam mit den Studierenden trage ich zusammen, was sie beim Lesen am meisten nervt und was ihnen am schwersten fällt. Es wird dadurch offensichtlich, dass es so nicht weitergehen sollte und einiges optimiert werden kann. Auf diese Liste lässt sich später immer wieder zurückgreifen.
Jetzt aber wirklich los:
– Schritt 1:
Zuerst sollen alle Studierenden für sich notieren, wie sie bei der Lektüre einer wissenschaftlichen Quelle vorgehen. Dabei entstehen individuelle Listen oder Flussdiagramme, die die einzelnen Schritte oder Phasen des tatsächlichen Vorgehens abbilden.
– Schritt 2:
Jetzt finden sich Kleingruppen zusammen, diskutieren die einzelnen Ergebnisse aus dem ersten Schritt und einigen sich auf den idealen Leseprozess. Ihr Ergebnis soll jede Gruppe auf einem Flipchart festhalten, und zwar vorzugsweise als Flussdiagramm. Ersatzweise geht natürlich auch eine einfache Auflistung, anschaulicher ist es mit dem Flussdiagramm.
– Schritt 3:
Anhand der verschiedenen Flipcharts lässt sich nun leicht diskutieren, welche Lesephasen es gibt (Vorbereitung der Lektüre, Lektüre, Nachbereitung der Lektüre) und welche Techniken sich jeweils dabei einsetzen lassen.
Überholspur
Durch das Bearbeiten dieses einen Aspekts des wissenschaftlichen Lesen aus der obigen Liste lassen sich die restlichen Aspekte sehr gut spontan und flexibel in den Dialog integrieren. Der frühere Lehrvortrag wird also gestückelt und direkt bedarfsorientiert eingebaut.
Im Anschluss, eventuell in einer weiteren Lehrveranstaltung, sollte auch die Weiterverarbeitung des gelesenen Wissens thematisiert werden:
Wie arbeitet man sinnvoll mit Markierungen und Randnotizen?
Wie exzerpiert man einen Text, mit oder ohne technische Hilfsmittel?
Welche Software unterstützt die Weiterverarbeitung des Gelesenen?
Literaturempfehlungen:
Kruse, Otto (2015): Lesen und Schreiben. Der richtige Umgang mit Texten im Studium, 2. Aufl., Konstanz: UVK
Marti, Madeleine und Marianne Ulmi (2006): Lesend denken – Strategien im Umgang mit Fachtexten. In: Prozessorientierte Schreibdidaktik. Schreibtraining für Schule, Studium und Beruf. Hg: Kruse, Otto, Katja Berger und Marianne Ulmi .Bern, Stuttgart und Wien: Haupt. S. 175-194.
Zum Semesterbeginn nutze ich als Einstieg in eine Lehrveranstaltung zum wissenschaftlichen Arbeiten gern Bilder. Ich frage die Studierenden, was Forschen eigentlich für sie bedeutet und mit welchem Bild oder Symbol sich das am besten ausdrücken lässt.
Wie geht’s?
Der Ablauf ist denkbar simpel und genauso einfach wie im Eingangssatz beschrieben.
Schritt 1: Passende Bilder zum Thema „Forschung“ finden
Ich starte mit einer kurzen Einführung und gebe den Studierenden dann ein paar Minuten Zeit, um sich Gedanken zu machen und Bilder, die sie mit dem Thema „Forschung“ verbinden, zu suchen oder aber auch selbst zu erstellen. Zehn Minuten reichen erfahrungsgemäß aus.
In Präsenzveranstaltungen bringe ich meist meinen Kartensatz mit. Dabei handelt es sich um einen Kartensatz, der sonst im Coaching eingesetzt wird und der verschiedenartige Bilder enthält. So etwas meine ich:
Solche Kartensätze findet man unter den Stichwörtern „Kartenset“, „Coachingkarten“ oder „Bildkarten“ oder kann sie bei Bedarf individuell aus eigenen Fotos herstellen, wenn man genügend symbolträchtige Szenen aufgenommen hat.
Handelt es sich um eine Online-Veranstaltung suchen die Studierenden im Internet oder ihrer privaten Fotosammlung und posten ihr Bild z.B. auf einem Padlet.
Mischformen sind ebenfalls denkbar. So könnten Sie in einer Präsenzveranstaltung beide Herangehensweisen kombinieren, indem Sie den Kartensatz auslegen, aber dennoch die Ergebnisse auf einem Padlet festhalten lassen. Dann müssten Studierende, die eine physische Karte wählen, diese fotografieren und online einbinden, was schnell zu erledigen ist.
Für dieses Beispiel habe ich einen Auszug gewählt, in dem nur Bilder zu sehen sind. Üblicherweise schreiben die Studierenden noch ein paar Wörter zum ausgewählten Bild und kommentieren die Beiträge der anderen.
Selbstverständlich können Sie es, egal welcher Variante genutzt wird, den Studierenden auch freistellen, selbsterstellte Skizzen einzubringen. Das geht sowohl online als auch offline.
Schritt 2: Gemeinsames Betrachten und Würdigen der Beiträge
Wenn alle „ihr“ Bild gefunden und bereitgestellt haben, lassen wir die Galerie einen Moment auf uns wirken und kommen anhand der Bilder ins Gespräch über Wissenschaft und Forschung.
Gesamteindruck:
Welche Motive treten gehäuft auf?
Welche stechen heraus?
Möchte jemand noch eine verbale Erläuterung zum eigenen Beitrag ergänzen?
Einzelne Motive:
Was sagt ein bestimmtes Motiv aus?
Welche Vorstellungen von Wissenschaft und vom Forschungsprozess stecken dahinter, und wozu führt das?
Was ist das Gute daran, was wirkt eher hinderlich?
Auch bei den vermeintlich selbsterklärenden Bildern wie dem eines steinigen Wegs, einer Treppe oder eines Schlüssels lohnen sich ein genauerer Blick und das Nachfragen. Vielleicht war ja etwas Anderes gemeint? Bei Bildern, deren Bedeutung nicht auf der Hand liegt, wird es dann spannend: Was hat ein sichtlich mitgenommener Fußballer mit Forschen zu tun? Drückt das Teamgeist aus? Oder Siegeswillen? Oder Zähigkeit? Oder war der Umgang mit Sieg und Niederlage gemeint? Von allem ein bisschen was?
Manchmal ergeben sich auch inhaltliche Bezüge, so dass man auf die folgenden Lehrveranstaltungen im Semesterverlauf verweisen kann. Etwa könnte sich herausstellen, dass jemand mit dem Bild speziell den Umgang mit Literatur oder das Zitieren gemeint hat und gar nicht das Forschen insgesamt. Dann ließe sich auf die entsprechenden Termine verweisen.
Wenn Sie mögen, können Sie auch noch Ihre persönliche Sicht auf Wissenschaft und Forschung in Form eines ausgewählten Bildes einbringen. Achten Sie in dem Fall ganz besonders darauf, dass dies nicht als Musterlösung missverstanden wird. Gerade sehr junge Studierende kommen oft mit dem Gedanken an die Hochschule, dass es immer „die eine richtige Lösung“ für eine Frage geben muss. Betonen Sie an der Stelle noch einmal, wie positiv es ist, dass eine Vielfalt an Bilder zusammengetragen wurde und dass Forschungsprozesse unterschiedlich verlaufen und wahrgenommen werden können.
Schritt 3: Dokumentation
Ich halte das Ergebnis in Form eines Fotos oder Screenshots fest und binde es in meine Upload-Materialien ein, die die Studierenden im Nachgang von mir erhalten.
Meine Erfahrungen mit dieser Übung
In drei Punkten möchte ich meine Erfahrungen zusammenfassen.
Bereitschaft der Studierenden
Bisher haben alle Gruppen, in der ich diese Übung durchführen wollte, mitgemacht – und soweit ich das einschätzen kann, auch gern. Das Suchen der Bilder macht Spaß; irgendwas Gutes, Treffendes und manchmal sogar Lustiges findet man immer. Auch das Betrachten der fremden Bilder macht Spaß, denn es gibt einen persönlichen Eindruck von den Mitstudierenden (wobei man natürlich sehr gut steuern kann, wie viel man preisgibt).
Der Wortlaut der Frage
Warum frage ich eigentlich nach „Forschen“ und nicht nach „wissenschaftlich arbeiten“?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei der Frage nach dem wissenschaftlichen Arbeiten die Antworten (gerade bei Studienanfänger:innen) tendenziell auf Zitieren und formale Aspekte hinauslaufen und die Erkenntnisgewinnung als solche keine Rolle spielt. Um dem entgegenzuwirken und den Blick zu weiten, frage ich nach dem Forschen. Interessanterweise tauchen überproportional Bilder von Laborkitteln auf, und zwar auch in Nicht-Labor-Studiengängen. Dass „echtes Forschen“ nicht bedeuten muss, Experimente in Laboren durchzuführen, kann man bei dieser Gelegenheit gut ansprechen.
Verwendete Bilder
Eine Anmerkung noch zur Frage „Kartensatz vs. freie Bildersuche“: Eine vorgefertigte Auswahl beschränkt die Studierenden natürlich und Aspekte des Forschens, die „außerhalb des Kartensatzes“ liegen, haben es schwer. Im anschließenden Gespräch lassen sich aber auch diese integrieren, z.B. durch die Nachfrage „Was hätten Sie gern gewählt, wenn es die entsprechende Karte gegeben hätte?“
Bei der Bildersuche im Internet begnügen sich manche mit den ersten Treffern, die sie mit dem Suchbegriff „Forschung“ erhalten. Das führt dann zu einer eher langweiligen und unpersönlichen Bildwand. Auch das lässt sich im Gespräch gut abfangen. Manchmal erzähle ich dann beispielsweise von früheren Gruppen und deren Bildauswahl und frage, was diese Studierenden wohl bewogen haben mag, gerade diese Bilder zu wählen.
Alternative Einsatzmöglichkeiten für die Übung
Die Methode lässt sich nicht nur zu Beginn des Semesters, sondern auch zu anderen Zeitpunkten einsetzen. Sie eignet sich hervorragend, um sich über die verschiedenen Vorstellungen von Wissenschaft und Forschung auszutauschen. Das kann nicht nur zu Beginn des Bachelor-Studiums, sondern auch später – eigentlich immer – sinnvoll sein, um Fehlannahmen aufzudecken und über unterschiedliche Vorstellungen besser ins Gespräch zu kommen. Gerade wenn, wie z.B. im Fall von Promovierenden, die Teilnehmenden auch schon selbst in der Lehre tätig sind, ist das hilfreich, um zielführendere Vorstellungen aufzubauen oder zumindest neben die negative Sicht zu stellen.
Beispiel: Ein Doktorand hat das Bild vom Boxkampf gewählt (Assoziationen: sich eine blutige Nase holen, sich durchschlagen, das Gegenüber bezwingen). Ist das sein einziges Bild vom wissenschaftlichen Arbeiten, wird er die Studierenden kaum zu Kooperation inspirieren. Dies wäre beispielsweise eine Voraussetzung für Peer-Feedback. Hier würde ich also zum einen fragen, ob und wenn ja welche positiven Aspekte das Boxen mit sich bringt. Vielleicht finden sich ja dabei auch Anknüpfungspunkte in Richtung „Kooperation“. Zum anderen würde ich versuchen herauszubekommen, welche positiven Erfahrungen der Doktorand selbst mit Kooperation in der Forschung gemacht hat und in welchem Bild er diese fassen kann.
Fazit
Auch mir als Dozentin gefällt diese Übung sehr gut. Sie ist abwechslungsreich und so etwas wie eine kleine Wundertüte. Denn ich weiß nie, welche Bilder gewählt werden und welche Assoziationen die Studierenden dazu haben. Die Übung fordert mich, weil ich im Gespräch alle zur Geltung kommen lassen und gleichzeitig ungünstigen Denkmustern sanft entgegenwirken möchte.
Ein weiteres Plus: Im Semesterverlauf kann ich zum passenden Zeitpunkt – also wenn wir uns mit den jeweiligen Aspekten des Forschungsprozesses beschäftigen – wieder an die Bilder erinnern und darauf Bezug nehmen. Die Übung ist im wahrsten Sinne des Wortes anschaulich und daher einprägsam für alle Beteiligten.